#9: Omega 3: Fische belastet und Leinöl reicht nicht!
Pflanzliche Omega-3-Quellen wie Leinöl reichen leider nicht, um den Körper ausreichend mit EPA und DHA zu versorgen. Außerdem muss Omega 6 runter und Fisch ist belastet. Hä? Hier die Hintergründe.
Hi!
Heute offenbare ich dir meine inneren Werte… ;-)
Omega 3 ist in aller Munde. Zu Recht! Bereits in meinem Beitrag über Nahrungsergänzungsmittel ging ich ausführlicher darauf ein:
Ebenso letzte Woche rund um das Thema Parodontitis:
Hier in aller Kürze das Wesentliche auf den Punkt:
Was ist Omega 3 eigentlich?
Als Omega-3-Fettsäuren werden mehrfach ungesättigte Fettsäuren bezeichnet, die chemisch betrachtet ihre erste Doppelbindung am 3. Kohlenstoffatom haben. (Man zählt von hinten, daher der Begriff “Omega”) Es gibt verschiedene Omega-3-Fettsäuren: Einige haben eine etwas längere, andere eine etwas kürzere Kohlenstoff-Kette, dann haben einige drei Doppelbindungen, andere sechs… Es gibt also viele verschiedene!
Omega-3-Fettsäuren sind für den menschlichen Körper essenziell, das heißt wir müssen sie durch die Ernährung zuführen und können sie nicht selbst bilden. Wichtig sind vor allem:
alpha-Linolensäure (ALA)
Docosahexaensäure (DHA)
Eicosapentaensäure (EPA)
(A steht für “acid” = Säure)
Leinöl ist der Klassiker unter den ALA-Lieferant. Es gibt pflanzliche Quellen für ALA, wie Chiasamen, Leinsamen, Walnüssen oder auch Avocado. DHA und EPA sind hingegen in marinen Quellen zu finden, wie fettem Fisch (Hering, Lachs) oder Algen. Jetzt der Haken: Unser Körper kann ALA nur in sehr geringem Umfang zu DHA und EPA umwandeln, die Zahlen schwanken zwischen 1% und 15% (großzügig hoch angesetzt!).
Wir bräuchten durchschnittlich 200g fetten Fisch pro Tag, um unseren Bedarf an DHA und EPA zu decken. 200g jeden einzelnen Tag! Fetter Fisch deshalb, weil es ja eine Fettsäure ist und im Fett vorkommt. :-)
Jetzt kommen wir direkt zum nächsten Haken: Diese hohe Fischmenge wäre gar nicht mehr gesund. Denn unsere Meere, Häfen, Flüsse und Umwelt wurden so zugemüllt, dass Fisch eine fabelhafte Variante darstellt, sich mit Schwermetallen, Bioziden und Pestiziden zu belasten. (Von Ethik und ökologischem Fingerabdruck gar nicht zu sprechen!) Jap, richtig gelesen. Wusstest du, dass Schwangeren und Stillenden sogar explizit vom Verzehr von Thunfisch abgeraten wird…? (Quelle: Bundesinstitut für Risikobewertung) Die stehen nämlich ganz hinten in der Nahrungskette und reichern den Müll an. Abgesehen davon sind die Meere überfischt, … und wer mehr über die Fischindustrie erfährt, dem vergeht wirklich der Appetit.
Aber zurück zu Omega 3:
Omega 3 wirkt sich positiv auf den ganzen Körper von Kopf bis Fuß aus (Herzgesundheit, Augen, Gehirn, Schwangerschaft, kindliches Wachstum) und wirkt entzündungshemmend. Warum? Weil es als “Gegenspieler” zu Omega 6 wirkt. Es geht immer um die Balance zwischen Omega-3- zu Omega-6-Fettsäuren im Körper.
Na, wofür stehen wohl Omega-6-Fettsäuren? Richtig, für ungesättigte Fettsäuren, die ihre erste Doppelbindung am 6. Kohlenstoffatom haben. :-) Auch das sind Fettsäuren, wie sie beispielsweise in Sonnenblumenöl oder Distelöl vorkommen. Ein Beispiel für eine Omega-6-Fettsäure ist die Arachidonsäure. Sie kommt beispielsweise in Fleisch, Speck, Käse, Eiern, Butter und Sahne vor. Unser Körper braucht sie für eine gute Immunfunktion. Ist jedoch zu viel von ihr vorhanden, werden Entzündungen befeuert. Denn aus Arachidonsäure werden Prostaglandine hergestellt, also die Botenstoffe, die Fieber, Entzündung und vieles mehr fördern.
(Funfact am Rande: Mein Lieblingsmedikament Ibuprofen hemmt die Produktion der Prostaglandine aus Arachidonsäure - dadurch wird Schmerz- und Fiebersenkung als gewünschte Wirkung erreicht. Weiterer nicht ganz so lustiger “Fun”-fact: Ibuprofen beeinträchtigt die Fruchtbarkeit.)
Omega 3 und Omega 6 müssen in der richtigen Balance zueinander stehen. Leider hat unsere heutige Ernährung mit Industrie-Produkten, viel Fleisch, Wurst, Milchprodukte, pflanzliche Öle wie Sonnenblumenöl und Co sehr viel Omega 6 bei gleichzeitig sehr wenig Omega 3. Was ist also die Konsequenz?
Wenn du etwas für deine Gesundheit tun willst…
reduziere deine Omega-6-Zufuhr
erhöhe deine Omega-3-Zufuhr.
Wie ich das konkret umsetze, siehst du weiter unten.
Der Königsweg ist übrigens: messen, korrigieren, messen. Das habe ich gemacht! Du kannst dein Blut ins Labor schicken und das Ergebnis bildet die Versorgung der letzten 3 Monate ab. Ich habe vor der ersten Messung nur total sporadisch Omega 3 genommen. Klar, ich ernähre mich ja soooo gesund, und nur Bio und Demeter und selbst kochen, ab und an Fisch und und und …..”da brauche ich ja nix” - dachte ich. Manchmal habe ich ein oder zweimal pro Woche an die Kapseln gedacht, dann mal wieder ne Woche nicht, dann waren die Kapseln leer und eigentlich waren sie mir auch schlicht zu teuer. Und Leinöl? War auch nicht ganz mein Geschmack.
Du willst das Ergebnis sehen? Bitteschön, meine inneren Werte aus 2021:








Nach dem Testergebnis habe ich beschlossen, regelmäßig zu supplementieren - 1,5g fand ich angemessen. Aus Kostengründen habe ich mich für ein hochwertiges, aber vergleichsweise preiswertes Präparat mit viel DHA und wenig EPA entschieden. (Ja, mir fällt es echt immer noch schwer, Geld für mich selbst auszugeben!) Leinöl wurde fester Bestandteil im Essen (die Firma “Rapunzel” ist fast geschmacksneutral, das kann ich sogar meinem Mann unterjubeln). Ekzessiver Eierkonsum wurde auch etwas reduziert. Konkret im Alltag setze ich es also so um:
Biomilch, Biofleisch und Co enthält durchschnittlich 50% mehr Omega-3-Fettsäuren im Vergleich zu konventionellen Produkten. Milch und Joghurt beziehe ich direkt vom Biobauer
Fleisch und Wurstwaren habe ich radikal reduziert, Eier etwas eingeschränkt (ich hatte aber auch Phasen mit 10 Eiern pro Woche :-))
Sonnenblumenöl, Sojaöl, Margarine haben in meiner Küche wirklich NICHTS mehr zu suchen. Ich verwende ausschließlich Olivenöl und Leinöl oder Rapsöl (kalte Küche) sowie zum Kochen/Braten Ghee und Kokosöl
Vegane Bioaufstriche: Ich verzichte wenn möglich auf Produkte mit Sonnenblumenöl und wähle lieber die, die auf Rapsöl basieren
Fertigprodukte: So wenig wie möglich (enthalten Transfette, billige Fette etc.)
tägliche Supplementierung mit hochwertigen Omega-3-Präparaten
Dann habe ich es nochmal kontrolliert:








Zugegeben, der EPA-Gehalt hat noch etwas Luft nach oben. Seitdem “spiele” ich ein bisschen und verwende im Wechsel auch das teurere Produkt mit einem höheren EPA-Gehalt und gehe mit der Dosierung eher in Richtung zwei Gramm. Aber ich habe schwarz auf weiß, dass ich den richtigen Weg eingeschlagen habe. :-)
Therapeutisch wird Omega-3 mittlerweile evidenzbasiert für viele Erkrankungen eingesetzt. Ein paar Beispiele sind Depression, Migräne, diverse Herzerkrankungen, Asthma, Allergie, ADHS ….
Im präventiven Bereich geht es um deine Herzgesundheit, Demenz- und Krebsrisiko, Schwangerschaft und vieles mehr.
Ich will gesund alt werden! Ich supplementiere. Mein Sohn auch. Und du? :-)
Deine Apothekerin des Vertrauens
Carolin
P.S. Für alle, die es genauer wissen wollen und aus Genuss-Gründen auf der Suche nach einem praktikablen Mittelweg beim Fischverzehr sind, zitiere ich hier mal Greenpeace aus seinem Ratgeber “Nachhaltiger Fischverzehr: Wie geht das?”:
Lachs, zum Beispiel aus norwegischer, konventioneller Aquakultur – wie er häufig in den Regalen der Supermärkte zu finden ist – wird nach wie vor mit wild gefangenen Fischen gefüttert. Die größte Fischerei der Welt, an der Westküste Südamerikas, fängt jährlich zwischen fünf und sechs Millionen Tonnen Sardellen, von denen 99,9 Prozent vermahlen, verkocht und zu Pellets und Fischöl verarbeitet werden. Dieses Fischfutter wird dann mit dem Schiff zu hunderttausenden Tonnen nach Europa transportiert.
Damit es auf dem Weg nicht ranzig wird, muss es mit Antioxidantien behandelt werden. Früher wurde dazu z.B. die Chemikalie Ethoxyquin genutzt, die im Verdacht steht, krebserregend zu sein. Mittlerweile ist Ethoxyquin zwar verboten, dafür werden andere, ähnlich verdächtige Konservierungsmittel eingesetzt. Auch Antibiotika kommen zur Krankheitsvorbeugung in den Lachszuchten zum Einsatz. Einzige Ausnahme sind die Bio-Aquakulturen. Hier werden weder Chemikalien noch Antibiotika verwendet. Wildlachs kann ebenfalls eine ökologisch vertretbare Alternative sein.
Forelle: Am häufigsten kommen die herkömmlich angebotenen Forellen aus nicht nachhaltiger, nicht zu empfehlender Aquakultur aus Südosteuropa, für die das Gleiche gilt wie für Lachs. Ökologisch nachhaltig, artgerecht und lokal erzeugte Forellen haben ihren Preis, sind aber aus unserer Sicht die einzig empfehlenswerte Wahl. Häufig gibt es diese nur bei Fischhändler:innen.
2016 hat Greenpeace außerdem eine Untersuchung zu Pestizid Ethoxyquin in Speisefischen durchgeführt:
Bei einer aktuellen Greenpeace-Untersuchung wurde die Chemikalie (Ethoxyquin) in 44 von 54 Fischprodukten gefunden; die Stichproben – Tiefkühlprodukte, aber auch Räucherlachs und frischer Fisch – stammen aus deutschen Super- und Biomärkten. Lachs, Forelle, Dorade und Wolfsbarsch weisen zum Teil hohe Konzentrationen auf, in 32 Fällen über den für Fleisch geltenden zulässigen Höchstmengen. Für Fisch hingegen existieren solche Mengenangaben nicht. Alle 38 Proben aus konventioneller Fischzucht (das heißt: nicht bio und kein Wildfang) sind belastet.
Auch die Flussfische hierzulande sind nicht ganz ohne. Wenn du also selbst angelst, verzehrst du auch “die Katze im Sack”. Dies zeigt eine offizielle Flussfisch-Untersuchung von Niedersachsen aus 2018/19. Ich zitiere hier mal einen Passus:
Geht man von den dort hergeleiteten TWI‐Werten (s. 2.2) aus, hätte eine 60 kg wiegende Person bei einem täglichen Verzehr von 300 g Fischfleisch ihre maximale, täglich duldbare Menge bereits bei einem PFOS‐Gehalt im Fisch von 0,36 μg/kg erreicht. Dieser Wert wird bei allen untersuchten Proben überschritten. Bei wöchentlichem Verzehr von 300 g Fischfleisch wäre entsprechend die maximale, wöchentlich duldbare Menge bei einem PFOS‐Gehalt im Fisch von 2,6 μg/kg erreicht. Dieser Wert wird durch 83% der untersuchten Proben überschritten. Die Werte sind keine Grenzwerte, dienen jedoch zur Einordnung der gefundenen Gehalte mit Bezug auf anerkannte Standards zu Verzehrsmengen und Gewichtsbetrachtungen.
Die Untersuchungsergebnisse für Dioxine und PCB lassen deutlich Unterschiede in der Belastungssituation der drei Fischarten erkennen, wobei die Gehalte innerhalb einer Fischart aber ebenfalls stark variieren. Während Zander ausnahmslos Gehalte unter den Höchstgehalten für Dioxine, der Summe aus Dioxinen und dl‐PCB und der Summe der ndl‐PCB aufweisen, wurden für die höher belasteten Brassen Höchstgehaltsüberschreitungen für 9 von 44 Proben (20 %) festgestellt, teilweise wurden in einer Probe die Höchstgehalte für mehrere Parameter überschritten.
Nur in einer von neun Proben Aal wurde eine Höchstgehaltsüberschreitung ermittelt, allerdings weisen Aale verglichen mit Zander und Brassen grundsätzlich die höchsten Gehalte an Dioxinen und PCB auf. Der Verzehr von Aalen und Brassen kann erheblich zur Aufnahme von Dioxinen und PCB beim Menschen beitragen. Für die Erstellung einer Verzehrsempfehlung ist eine Risikobewertung durch das BfR aus Basis des durch EFSA 2018 festgelegten TWI erforderlich.”