#30: Brot löchert den Darm
Brot ist nicht gleich Brot - das vorweg. Doch du solltest wissen, wieso Unmengen an Weizenmehl und Co auch für Gesunde keine gute Idee ist. Stichwort: ATIs, Gliadin, Gluten und mehr.
Hallo lieber Leser,
schreibe ich diesen Newsletter-Beitrag oder nicht…? Ich habe lange überlegt, aber muss es tun, selbst wenn ich dir damit Genuss nehmen & dir den Geschmack verderben muss. Sorry!
Denn: Weizen, aber auch Dinkelmehl, Nudeln und Co sind Gift für unseren Körper - das habe ich (leider!) während meiner Recherche zu Allergie in aller Tiefe kapiert. In diesem Newsletter erfährst du deshalb
wieso das so ist und was Gluten, Gliadin, ATIs & z.B. Glyphosat in unserem Körper macht (in Kürze: dein Darm wird davon kurzfristig “löchrig”, kann seine Barrierefunktion nicht ausüben und dein Immunsystem & Entzündung wird angetriggert)
was Stress mit deinem Darm macht (quasi das gleiche: Darm wird “löchrig”, die Folge ist viel Dreck kommt rein, was unser Immunsystem ausbaden muss und mit Entzündung reagiert)
welche Konsequenzen ich daraus für meinen Alltag ziehe und was du ab sofort ganz praktisch und ohne viel Aufwand umsetzen kannst, um gesünder zu leben & fitter zu sein.
Let’s start!
Gluten-frei ist en-vogue und auch ich habe mich immer wieder gefragt, ob es wirklich so schick ist, sich glutenfrei zu ernähren… und zugegeben: ein wenig habe ich schon die Augen verdreht, wenn Leute damit prahlen, sich - ohne Zöliakie - streng glutenfrei zu ernähren. In meinem Kopf ist einfach verankert: Strenge Verbote können nicht richtig sein und führen i.d.R. zu einer einseitigen Ernährung. Bis zu dem Moment, als eine befreundete Ärztin mir erklärte, dass jede Mahlzeit mit Gluten kurzfristig unseren Darm “öffnet” und Entzündung triggert. Jede verdammte Mahlzeit.
Das saß - plötzlich machte es Klick. Ich habe es für dich recherchiert, und ja: Es lohnt sich definitiv, die Gluten-Menge, Verzehr-Frequenz und Getreidemenge & -qualität drastisch zu reduzieren und unter die Lupe zu nehmen. Dabei geht nicht nur um das Klebereiweiß “Gluten” und Gliadin, sondern auch um sogenannte Amylase-Trypsin-Inhibitoren (ATIs).
Gliadin ist ein Bestandteil des Glutens. Dummerweise haben diese Inhaltsstoffe die Eigenschaft, unseren “Kleber” zwischen den Darmzellen zu schädigen, nämlich die sogenannten Tight Junctions. Das kannst du dir vorstellen wie Mörtel, der zwei Ziegelsteine alias die Darmzellen zusammenhält. Der Darm stellt eine Barriere dar und ist auf dichte Tight Junctions angewiesen, damit kontrolliert nur jene Partikel, Allergene und Lebensmittelbestandteile durchkommen, die auch durch sollen. Nehmen die Tight Junctions Schaden, ist das fatal: Bröckelt der Mörtel, verlieren die Ziegel ihren Halt, haben große Fugen und es kommt alles Mögliche durch. Bei einer Hausmauer kann das Schimmel, horrende Energiekosten und eine feuchte Wand sein, die schlimmstenfalls einbricht. Bei unserem Darm: Es folgt eine Entzündung! Insbesondere bei vorgeschädigten Darmzellen scheint dieser Effekt noch stärker auszufallen.
Aber das ist nicht alles, denn es gibt ja auch noch ATIs = Amylase-Trypsin-Inhibitoren. Diese Enzyme sind natürlicherweise in Weizenprodukten und häufig gluten-haltigen Getreiden enthalten. Und dummerweise triggern die Inhaltsstoffe - übrigens ebenso wie Gliadin! - auch noch direkt eine Entzündung, da sie einen Rezeptor (Toll-Like-Rezeptor 4) aktivieren, der direkt entzündliche Botenstoffe freisetzt. Lest selbst:
… und je mehr ATIs, desto stärker viel die Entzündungsreaktion aus. Der Effekt war also Dosis-abhängig:
Die Autoren schreiben: “ Notably, ATIs triggered significant transcription of IL-6 and IL-1β and release of TNF-α protein within 30 minutes after incubation compared with medium with extraction buffer alone (Supplementary Figure 1D and E). Moreover, ATIs induced a dose-dependent release of keratinocyte chemoattractant (KC) (IL-8), IL-6, and TNF-α in murine bone marrow-derived dendritic cells and human THP-1 monocytes/macrophages (Figure 1C and D).”
Weizen und Getreidebestandteile wie Gluten machen also unseren Darm auf und triggern Entzündung. An der Stelle Spoiler-Alarm: Es gibt Tight-Junctions auch in der Blut-Hirn-Schranke, also an der Abdichtung unseres Gehirns. … und eine Entzündung ist nie nur lokal, sondern betrifft durch das Blut, das ja im gesamten Körper zirkuliert, natürlich auch unseren ganzen Körper. Ist der Darm in Schieflage, wirkt sich das also direkt auf dein Gehirn aus. Denk’ nur an Multiple Sklerose, Depression, Parkinson und vieles mehr, bei denen immer mehr Zusammenhänge gefunden werden. Und damit beginnt ein Teufelskreis:
Denn bei Stress sieht es auch nicht besser aus: Im Mausmodell führten 2 Stunden Stress durch Immobilisierung, also “fesseln”, dazu, dass quasi keine Tight-Junction-Proteine mehr zu sehen waren. F= Kontroll-Gruppe ohne Stress; grün zu sehen ist das Netz aus Tight-Junctions. G= Zustand nach 2h Stress; quasi keine Tight-Junctions mehr zu sehen!
Dann haben sich die Forscher auch noch die Level der mRNA-Expression dreier Tight-Junction-Proteine angesehen, nämlich Zonulin1, Claudin3 und Jejunal adhesion molecule3. Kurzum: Die Gene werden durch Stress sofort (!) massiv herunterreguliert:
Chuang DJ, Pethaperumal S, Siwakoti B, Chien HJ, Cheng CF, Hung SC, Lien TS, Sun DS, Chang HH. Activating Transcription Factor 3 Protects against Restraint Stress-Induced Gastrointestinal Injury in Mice. Cells. 2021 Dec 14;10(12):3530. doi: 10.3390/cells10123530. PMID: 34944038; PMCID: PMC8700235.
(Die Forscher haben hierfür WT (= Wild-Type-Mäuse) und veränderte Mäuse (ATF3-Mäuse) miteinander verglichen. Lass dich davon nicht verwirren, für dein Verständnis genügt es, bei den Graphen jeweils die ersten beiden Balken von WT ohne (-) und mit Stress (+) anzusehen)
Hier gibts die ganze Studie dazu
Fazit: Stress reguliert massiv Gene herunter, die jene Proteine herstellen, die unseren Darm abdichten.
Gluten & ATIs aus Weizen und Co tun ihr übriges dazu und triggern direkt über Rezeptoren Entzündungen & erhöhen ebenfalls sofort die Durchlässigkeit des Darms.
Für deinen Körper bedeutet ein schnell-hochgebackenes Fladenbrot ohne lange Teigführung also nicht nur im Hinblick auf Glucosespitzen eine Katastrophe, sondern dein Darm wird sofort in seiner Barrierefunktion massiv beeinträchtigt und zwingt das Immunsystem dazu, mit viel, viel mehr konfrontiert zu werden, als es eigentlich sollte. Die Folge: kurzfristig Entzündung!
Für kurze Zeit kommt unser Körper damit klar und erholt sich davon. Konfrontieren wir unseren Körper aber gefühlt jede Stunde und permanent in großen Mengen mit diesen Lebensmitteln, und sind dann womöglich noch AGEs, große Mengen gesättigter Fettsäuren/Omega-6-Fettsäuren dabei (=> Arachidonsäure, Leukotriene, Prostaglandine…), industriell hochverarbeitete Lebensmittel (Transfette), Konservierungsmittel, Süßungsmittel und vieles mehr, … tja, dann folgt nicht nur Übergewicht, Insulinresistenz, Hypertonie (Bluthochdruck) und vieles mehr, was als Folge unterschwelliger Entzündungen gilt, sondern es überrascht es mich überhaupt nicht, dass Allergien auf dem Vormarsch sind. Auch eine erhöhte Infektanfälligkeit tritt auf - es läuft einfach nicht mehr rund. Und was viele vergessen: Entzündung verbraucht ja auch ein Vielfaches an Ressourcen wie Antioxidantien, Glutathion und Co.
Last but not least gibt es eine interessante Studie aus 2013 (!!!), die einige Zahlen rund um Glyphosat miteinander in Korrelation gesetzt hat. Zum Beispiel die Inzidenz von Zöliakie Fig. 1 (hierbei treten Auto-Antikörper gegen Gliadin auf, es muss also zwingend auf Gluten verzichtet werden) sowie Schilddrüsen-Krebs Fig. 3 & Todesrate bei Parkinson gegenüber dem Einsatz von Glyphosat. Parkinson ist eine Erkrankung, bei der es vermehrt zum Untergang dopaminerger Neurone im Gehirn kommt - durch oxidativen Stress/Entzündung/etc. Uargh, mir wird schlecht bei diesen Grafiken:
Es zeigte schon vor über 10 Jahren eine Korrelation. Ob eine Kausalität vorliegt? Keine Ahnung, das ist ja das Tückische - aber dann denke ich gern an Asbest, das aus rein wirtschaftlichen Gründen ebenfalls noch viel zu lange erlaubt war. Entscheide selbst, ob du Konsequenzen aus deinem Alltag ziehen möchtest. Ich schon - denn schon heute ist bekannt, dass Glyphosat u.A. direkt dein intestinales Mikrobiom beeinträchtigt. In meinem Leben gibt es nahezu nur noch Bio-Produkte.
Aber keine Sorge, du musst weder den Kopf in den Sand stecken noch dir den Appetit verderben lassen! Denn wie so oft gilt das Pareto-Prinzip 20/80 und ich verrate dir meine persönlichen Life-Hacks:
die Enzyme (ATIs) werden durch lange Teigführung oder auch bei Einsatz von Sauerteig abgebaut und die Menge nimmt drastisch ab. Kauf gutes Brot (Bio!) oder back es selbst! Und nein, ein Li**- oder Al**-Brot wird sicherlich auch in Bio-Qualität keine 24h Teigruhe genossen haben… sondern die Rezeptur wird auf industrielle Herstellung optimiert worden sein; nicht auf Gesundheit
iss’ mehr Bio & bevorzuge Freiland gegenüber Gewächshaus-Anbau. Warum? Mehr sekundäre Pflanzenstoffe, weniger Pestizide, mehr Antioxdantien etc. etc.
lieber nur 1x am Tag Gluten-haltige Lebensmittel als permanent und bei jeder einzelnen Mahlzeit oder gar noch ständig nebenbei snacken (hier ein Keks, da eine Waffel, hier eine kleine Scheibe Brot,…)
Viel hilft viel? Ja, und viel schadet in diesem Fall auch viel. Weniger ist mehr!
Iss’ abwechslungsreich. Wie wäre es mit Linsen, Kichererbsen, Buchweizen, Glasnudeln, Reis, Kartoffeln, Quinoa …? Wenn du Reis oder Kartoffeln abkühlen lässt, entwickelt sich sogar resistente Stärke.
Nudeln, Brot & Co sind üblicherweise “Sättigungsbeilagen”. Erhöhe einfach den Gemüse- & Eiweiß-Anteil und reduziere die Sättigungsbeilage.
ersetze Weizenmehl durch andere Mehlsorten
Generiere gesunde Routinen (z.B. Standard-Frühstück) und genieße Ausnahmen (Brötchen & Croissant zum Frühstück, ne Pizza am Abend) als das, was es sein soll: etwas Besonderes. Und vielleicht lässt du die Scheibe Brot zum Salat beim Italiener einfach weg, wenn du ohnehin danach noch einen Gang Pasta bestellt hast und du das Brot nur aus Langeweile schnabulierst…
du bist Stress-Esser? Dann bitte Nüsse, gekochte Eier, von mir aus Obst oder irgendwas anderes, aber bitte keine leeren Getreide-Kohlenhydrate wie Brot, Kuchen, Gebäck oder sonstiges. Don’t do it!
Erstelle eine Liste unkomplizierter Lieblings-Gerichte. Mein Sohn bekommt z.B. Gluten-freie Pfannkuchen mit in den Waldtag und merkt nicht einmal, dass es eine gesunde “Öko”-Variante ist. Was ist da drinnen? Der Basis-Teig besteht aus 1/2 Banane auf 1 Ei. Dazu je nach Lust und Laune glutenfreie Haferflocken, ein paar Rosinen, optional Buchweizenmehl, Leinsamen, gemahlene Mandeln, Zimt, … manchmal raspel ich eine Karotte hinein, oft auch einen Apfel.
Das Wichtigste aber: Genieße dein Essen :-) Denn Stress oder ein schlechtes Gewissen macht alles nur schlimmer.
Deine Apothekerin des Vertrauens
Carolin
P.S. Für alle, die es genauer wissen wollen, war garantiert genug Futter in den Original-Publikationen. Trotzdem noch zwei kurze Infos:
Gliadin führt über den sogenannten CXC-Rezeptor 3 zu einer Zonulin-Freisetzung. Zonulin ist - wie oben beschrieben - essenzieller Bestandteil unserer Tight-Junctions
Gliadin und ATIs aktivieren über TLR-4 direkt die NF-kappa-B-Freisetzung und damit Entzündung. Wusstest du, dass das SARS-CoV-2-Spike-Protein ebenfalls direkt (!) über den TLR-4 eine Entzündung induziert und zusätzlich noch NRF2, den natürlichen Gegenspieler, blockiert…? Doppelt blöd! Hast du also Patienten, die nach Covid-Impfung oder Covid-Infektion nicht auf die Beine kommen: Think about the breakfast! Mahne zu gluten-freier Ernährung, es ist sooo wichtig und könnte eine entscheidende Stellschraube sein. Denn bei bereits vorgeschädigtem Darmepithel wirken sich die Folgen umso gravierender aus. Und was schädigt alles unser Epithel? Natürlich auch ein Mangel an Vitamin A, Vitamin D, Omega-3-Fettsäuren, Alkohol, NSAR, die Einnahme von PPI, Candida-Belastung, Pathogene, Parasiten, ….