#13: Darm-Exkurs: Gesund leben - wie geht das?
Wie in einem Orchester hängt im Körper alles miteinander zusammen. Eine Histaminintoleranz oder Glutenunverträglichkeit kann zig Ursachen haben. Aber Achtung: Einfach weglassen? Keine gute Idee!
Hi!
Du willst von mir wissen, wie du dich gesund ernähren kannst? In den letzten Wochen habe ich dir ein paar Tipps gegeben, um die Verdauung zu optimieren. Die Frage ist nur: Was ist eigentlich eine gesunde Ernährung? Wie geht das?
Tja, ich hab keine Ahnung! Denn was bedeutet es eigentlich, gesund zu leben? Von mir wirst du keine Antwort bekommen. Aber ich liefere dir konkrete Infos, wie du an „gesund“ etwas näher rankommst und, was sicher nicht ganz so gesund ist und du besser lassen solltest.
Denn auch die Wissenschaft liefert selten klaren Antworten. Das hat mehrere Gründe:
Studien sind kaum machbar
kurzfristige Effekte sind zwar teilweise rasch zu erfassen, langfristige aber schwer messbar
vegan ist nicht vegan…
Und der wohl wichtigste Grund: So individuell der Mensch ist, so individuell sind die Bedürfnisse. Das, was gut für dich ist, ist es nicht für mich und vice versa! Bist du Sportler? Bist du schwanger? Hast du viel Stress? Rauchst du? Wie sieht deine Darmflora aus? Es gibt keine Ernährung, die für alle passt!
Ärzte und Apotheker lernen in ihrem Studium übrigens erschreckend wenig über Ernährung. Das ist echt traurig. Klar, sie lernen etwas über Zöliakie! Vielleicht sogar von einer Nicht-Zöliakie-Nicht-Weizenallergie-Weizensensitivität. Spoiler-Alarm: Hier bereiten neben „Amylase-Trypsin-Inhibitoren“ häufig auch sogenannte „FODMAP“s aus Hülsenfrüchten und Getreide Probleme und führen zu Symptomen.
Hast du Zöliakie? Dann ist eine glutenhaltige Ernährung für dich garantiert nicht gut. Ernährst du dich aber „grundlos“ glutenfrei und streichst unzählige Lebensmittel aus deinem Speiseplan, besteht die Gefahr, dass deine Ernährung sehr einseitig wird und es zu Mikronährstoffmängeln kommt. Der Schaden könnte größer sein als der Nutzen… Leidest du hingegen an einer Nicht-Zöliaklie-Nicht-Weizenallergie-Weizensensitivität und fängst an, glutenhaltige Lebensmittel zu meiden, wirst du tatsächlich eine Besserung erfahren. Dabei könntest auch du durchaus glutenhaltige Lebensmittel verzehren, wenn du mehr über die Hintergründe verstehst und beispielsweise zu Sauerteigbrot mit langer Teigführung greifst.
Die viel wichtigere Frage in diesem Fall ist jedoch: Warum ist die Weizensensitivität aufgetreten? Was hat den Hebel umgelegt? Leaky Gut?
Analog bei Lactose-Intoleranz: Wieso kannst du den Milchzucker nicht mehr verdauen? Fehlt vielleicht einfach Magensäure, sodass das Enzym nicht im pH-Optimum vorliegt und nicht effektiv arbeiten kann? Klar kannst du einfach Lactase zuführen. Aber ursächlich ist das nicht, sondern nur symptomatisch.
Ähnliche Fragen bei Histaminintoleranz: Wo kommt sie her? Wieso produziert dein Körper zu wenig DAO, ein Enzym, um Histamin abzubauen? Fehlen dir Mikronährstoffe wie Vitamin C, B6, Kupfer, Zink? Oder ist nicht ganz ursächlich schlichtweg die Darmflora gestört? Dadurch zu viel Histamin, Mikronährstoffmangel und alles kommt zusammen? Und DAO wäre eigentlich genug da, aber die Entzündung brennt und knallt dir das Histamin hoch…?
Klar! Du kannst “einfach” alles aus der Ernährung streichen, was dir Probleme bereitet. Ich bin aber ein Freund davon, genauer auf die Ursache zu gucken und systemisch zu behandeln statt nur symptomatisch Lebensmittel zu verbieten oder Symptome zu beheben.
Dass du dich oft ohnmächtig und womöglich auch allein gelassen fühlst, wenn Essen dir Beschwerden bereitet, verstehe und fühle ich. Ich kenne das. Und ich kenne auch den “Food-Bauch”, bei dem ich im Urlaub selbstverständlich für schwanger gehalten wurde - und das auch noch wenige Monate nach einem Abort. Ich hatte zwei Aborte (14. SSW & 10. SSW) und ziehe große Dankbarkeit und Demut aus den Erfahrungen, die ich dabei machen durfte.
Aber du kannst einiges tun!
Zurück zum Thema Nicht-Zöliakie-Weizen-Sensitivität. Natürlich kannst du einfach alles weglassen, was du nicht verträgst. Aber auch hier lohnt ein differenzierter Blick, denn oft ist pauschales Streichen gar nicht nötig. Denn für den Körper macht es einen Unterschied, ob du ein Bio-Vollkornbrot von einem Bäcker kaufst, in dem ein Sauerteig lange reifen konnte, oder ob du ein Turbo-Brot verspeist, das vom Mehl zum Brot binnen 1,5 Stunden fertiggebacken wurde. Bei einem Sauerteig-Brot oder langer Teigruhe werden die Enzyme, die oft hinter den Beschwerden stecken, nämlich abgebaut. Dafür braucht es allerdings eins: Zeit….
Bei Industriebrot ist aber genau diese Zeit nicht gegeben. Natürlich kommen bei Letzterem auch Zusatzstoffe wie Enzyme zum Einsatz. Die müssen übrigens nicht deklariert werden. Kennst du das aus dem Urlaub? Brot, das sich auf 1/10 der Größe zusammendrücken lässt...? Die Rezeptur von industriell gefertigten Broten wird nicht für unseren Körper optimiert, sondern soll sich gut verarbeiten lassen (Maschinengängigkeit!), rasche Produktionszeiten ermöglichen (Zeit ist Geld!) und billig sein (Qualität der Ausgangssubstanzen leidet zwangsweise). Brot ist also nicht gleich Brot. Das gilt auch für den glykämischen Index... ein fein vermahlenes Brot katapultiert deinen Blutzucker hoch, während ein Körnerbrot eher eine sanfte Welle verursacht. Ich musste in meiner Schwangerschaft Insulin spritzen und gefühlt hundertmal meinen Blutzucker messen. Brot war immer eine Überraschungsbox. Glaub mir, die Unterschiede sind enorm!
Und welche Ernährung ist nun die Beste?
Vegan, Paleo, High Carb, Low Carb, vegetarisch...
Auch da kann ich keine Ernährung über einen Kamm scheren. Der eine Veganer streicht einfach alle tierischen Produkte aus dem Essen und ersetzt Wurst durch vegane Wurst und aus dem Burger wird eben ein veganer Fertigburger voll mit Konservierungsmitteln und Zusatzstoffen. Ein anderer Veganer hingegen stellt die komplette Ernährung um und kocht vielseitig, bunt mit regionalen und saisonalen Produkten und verzichtet vollkommen auf Fertigprodukte. Beide sind Veganer! Und doch könnte ihre Ernährung und die Mikronährstoff-Aufnahme nicht unterschiedlicher sein. Welche Nahrungsergänzungsmittel ich also einem Veganer empfehle? Die Antwort könnt ihr euch wohl denken… ;-) Auf Veganer gehe ich irgendwann natürlich trotzdem nochmal genauer ein, keine Sorge!
Auch ein pauschales “Low Carb, High Fat & Protein” kann ich nicht gut heißen. Warum? Ein hoher Proteingehalt kann mitunter ziemlich problematisch für die Darmflora sein. Wenn du übelriechende Blähungen hast, liegt möglicherweise eine Fäulnisflora vor… und Unmengen Eiweiß sind dann keine gute Idee. Denn toxische Metabolite wollen wir auch nicht haben, die schädigen übrigens auch die Mitochondrien und belasten die Leber.
One fits all – das gibt es also nicht!
Deine Apothekerin des Vertrauens
Carolin
P.S. Für alle, die es genauer wissen wollen: Es gibt ein Labor, das LTT-Tests für verschiedene Lebensmittel anbietet. Das kann im Rahmen der Diagnostik durchaus sinnvoll sein. Leider wie so oft eine reine Selbstzahlerleistung.